Der Whistleblower
Historische Literatur – Der Wistleblower von London
Die erste urkundliche Erwähnung eines Verwandlungskostümes für eine Frau publizierte ein gewisser Will Goldston aus London in seiner Zeitschrift „The Magician‘s Annual“ im Jahrgang 1910/1911 auf Seite 97. Will Goldston schreibt dort, dass er nun erstmals die streng gehüteten Geheimnisse des Quick Change, wie er ihn damals bereits nannte, verkünden wird. Möglich machte ihm diese Publikation die (so sein Originalton) „die vollendet perfekte Zauberkünstlerin Lee Laurie“, die in die Geheimnisse eingeweiht war und sie Goldston gab. Wesentlich ausführlicher behandelt Will Goldston nur ein Jahr später das Thema Quick-Change in seinem Buch „Exclusive Magical Secrets“ mit einem ganzen Kapitel. Diese Technik begeisterte Magier und Artisten. Jedoch ist bis heute kein ambitionierter Kostümwechselartist, der die Technik versuchte, von der Technik überzeugt. Ich kenne ein Dutzend Artisten, die es versuchten nachzubauen. Alle scheiterten, ich ebenfalls. Die Technik scheitert an Kurven. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass sie genauso funktionierte. Wurde die publizierte Technik tatsächlich verwendet? Wenn man Goldston’s Buch genauer studiert, findet man einen Schnellverschluss auf Seite 232. Dieser Verschluss ist prinzipiell sehr ähnlich, jedoch viel einfacher herzustellen, schneller zu präparieren und praktisch als Replik sogar funktionsfähig. Hat Will Goldston etwa die tatsächlich verwendete Urtechnik in seinem Buch über mehrere Seiten versteckt, um selbst nicht angreifbar zu sein? Viele Zeichen sprechen dafür. … (zensiert) … Verschlüsselte Goldston sein Buch? Fachleute sagen JA. Er wollte sich schützen. Die Symbiose aus Lee Laurie’s Kleid mit dem Servantenverschluss ergibt eine genaue Schablone für ein Verwandlungskleid, wie es heute auf Varietebühnen Verwendung findet.
An dieser Stelle erlauben Sie mir dieses Paradoxum:
Stoffschläuche an Jacken nennen wir nicht „Jackenarm“ sondern „Ärmel“.
Stoffschläuche an Hosen dagegen nennen wir „Hosenbein“ anstatt „Beinel“.
Was ist von den ersten Verwandlungskostümen überliefert?
Wenn es damals sehr viele Verwandlungskünstler mit solchen Kleidern gab und alleine Fregolia an die 100 Kostüme hatte, wo sind all diese Kostüme heute? Eine genaue Klärung würde man erst erlangen, wenn ein Historiker oder Sammler ein altes Originalkostüm mit genau dieser Technik findet. Es ist durchaus denkbar, dass ein historisches Kostüm unbemerkt im Fundus eines altehrwürdigen Theaters überlebte. Niemand konnte mit den komischen Nähten etwas anfangen. Womöglich wurde das Kostüm notdürftig geflickt, womöglich sogar falsch restauriert. Schauen Sie doch einmal nach, es würde mich freuen. Der Fund eines solch alten Kostüms wäre eine Sensation.
>>> weiterlesen: Kino – Tod des Theaters
- Quellenangabe:
- Diese Texte sind urheberrechtlich geschützt und stammen aus meinen Publikationen, die Sie hier aufgelistet finden
- 2015: Seminarheft „Die Historie des Quick Change“
Author: Lex Schoppi
Exklusiv Booklet zur Tagung der Gesellschaft der Theaterkostümschaffenden -
2010: e-book „QUICK – CHANGE – rapid costume changes for men“
Author: Lex Schoppi
Sonderedition bei lybrary.com -
2010: QUICK CHANGE – changements de costumes rapides pour les homes
französische Übersetzung des ersten Teils seiner Buchreihe
Author: Lex Schoppi -
2009: QUICK CHANGE 2 – the making of a quick change act
Author: Lex Schoppi
ISBN:978-3-89650-298-8 -
2009: QUICK CHANGE 2 – high speed haute couture entertainment
Author: Lex Schoppi
ISBN:978-3-89650-295-7 -
2005: QUICK CHANGE – rapid costume changes for men
Author: Lex Schoppi
ISBN: 3-89650-207-7 -
2003: Quickchange – blitzschnelle Kostümwechsel für Herren
Author: Lex Schoppi
ISBN: 3-00-016461-8